Die Schriftstellerin

Den Wunsch, Schriftstellerin zu werden, hatte Ursula Maria Kuczynski (Ruth Werner) seit der Kinderzeit. Gedichte schrieb sie schon mit 8 Jahren. Dem Ruth Werner Verein liegt eines vom 1. Advent 1926 mit dem Titel „Trost“, vor. Es sind auch Briefe und Tagebücher der Jugendlichen aufbewahrt. Überlassen wurde uns ein Unikat, ein handgefertigtes bezauberndes Bilderbuch mit Reimen für den kleinen Sohn in Shanghai.

Einen in der Illegalität versuchten Roman hat sie selbst vernichtet.

Journalistische Schriften aus der Arbeitszeit nach Abschluss ihres Kundschafterlebens bei der Kammer für Außenhandel der DDR sind Werbebroschüren für die Leipziger Messe unter dem Namen Ursula Beurton:

1954 Goldene Hände
1955 Rund um eine Messe
1956 Immer unterwegs

Ihre Rolle als Schriftstellerin formulierte sie in der Diskussion auf dem 8. Schriftstellerkongress 1978 (,,Gedanken auf dem Fahrrad” Seite 247):

„Ich würde sagen, die Schriftsteller sind auch Kundschafter. Der Schriftsteller erkundet auch und gibt Kunde. Und das ist wirklich eine große Verantwortung.

Kinder und Jugendliteratur

Das bedeutendste Jugendbuch, da autobiografischen Charakters, schrieb Ruth Werner 1957. Es erschien 1958 im Verlag Neues Leben und hatte die 16. Auflage 1986. Darin hat sie eindrucksvoll den Weg der Heldin aus bürgerlich- intellektueller Familie jüdischer Herkunft zur Jungkommunistin geschildert. Sie nannte es ,,Ein ungewöhnliches Mädchen“.

Die Schriftstellerin Maxi Wander bezeichnete es in „Guten Morgen Du Schöne“ als „ein Kämpferbuch“. (S. 130)

Und Christa Wolf fragte sich und uns in der NDL (Neue Deutsche Literatur, Zeitschrift in der DDR) 2/1959“
„…Was ist es eigentlich, was an diesem schlicht und zurückhaltend geschriebenen Buch ergeift? Mir scheint, es ist seine innere Wahrhaftigkeit und menschliche Wärme, seine Sauberkeit und Gefühlsechtheit, die alle zu einer großen Glaubwürdigkeit zusammenfinden.“

1968 veröffentlichte der Verlag Neues Leben „Ein Sommertag“ (1985 Kinderbuchverlag) illustriert von Peter Nagengast. Darin erlebt ein zehnjähriger Junge mit seinen Eltern Ferien im kleinen Dorf Carwitz bei Feldberg (Vorbild könnte Sohn Peter gewesen sein). Die Beschreibung der herrlichen Seenlandschaft, von Menschen in ihrer Arbeit, auch von Problemen im Dorf ist nicht nur für Kinder gut lesbar.

1973 hat der Kinderbuchverlag „Die gepanzerte Doris“, illustriert von Gertrud Zucker, (9. Auflage 1983), ein Jahr später hat der westdeutsche Verlag Schneider eine Lizenzausgabe unter dem Titel „Meine Schildkröte heißt Doris“ veröffentlicht. Der Leipziger Kinderbuchverlag (leiv) gab 2020 eine Neuauflage heraus. Der Umgang von Kindern mit einem Wildtier wird beispielhaft in verschiedenen Situationen kindgerecht dargestellt. Die Geschichte endet mit dem Verschwinden der Schildkröte in der Natur.

„Ein sommerwarmer Februar“ erschien ebenfalls 1973 im gleichen Verlag mit Illustrationen von Renate Jessel (7. Auflage 1984). Das zehnjährige Mädchen Claudia besucht in den Ferien den Vater, der als Meeresbiologe auf Kuba arbeitet. Die Schiffsreise, die Großartigkeit des Meeres, das Leben der Zuckerrohrarbeiter, der Fischer, die Tauchgänge, Korallen und Seesterne, die Natur und ihre Gefährdung, das Zusammenleben der Menschen, besonders die Freundschaft mit dem Jungen Fidelito machen das Lesen und Nacherleben zur Freude.

I977 wurde vom Kinderbuchverlag „Vaters liebes gutes Bein“ herausgegeben, ein von Wolfgang Würfel bunt bebildertes Buch für Vorschulkinder. Ein kleiner Junge, Lutz, verliert während der Krankheit seines Vaters, hinter dessen Bein er sich sonst verstecken konnte, die Angst vor dem großen Hund und gewinnt Selbstbewusstsein in herrlich dargestellten Episoden. Gut zum Vorlesen!

In verschiedenen Kurzgeschichten, unter dem Namen Ursula Beurton veröffentlicht, wird die Lebenswelt von Kindern gestaltet, in Almanachen veröffentlicht.

1957 Der Sieg & Vera lernt das Leben kennen
1958 Han Sen setzt sein Leben ein
1959 Hannelore und die Chemie & Die Brigadeleiterin
1977 Der Großvater und das Schaf

Romane, Erzählungen, Publizistik

Die Lebensdarstellung von „OLGA BENARIO – die Geschichte eines tapferen Lebens“ erschien 1961 im Verlag Neues Leben (15. Auflage 1981, 20. Auflage 2000 Neuauflage 2006 bei neues leben – unter dem Künstlernamen Ruth Werner – 1995 brasilianische Ausgabe).

Olga, eine junge deutsche Kommunistin, war Beschützerin und später Lebenspartnerin des brasilianischen Volkshelden Luis Carlos Prestes. Sie wurde nach missglücktem Aufstand in seiner Heimat an die deutschen Faschisten ausgeliefert, ins KZ Ravensbrück eingewiesen und in Bernburg vergast. Im Befreiungskampf des brasilianischen Volkes wie unter den unmenschlichen Haftbedingungen blieb sie standhaft und gab den Mitgefangenen Halt. Im Kerker brachte sie Tochter Anita zur Welt, von der sie lange nicht wusste, dass sie in der Obhut der Großmutter war.

Ruth Werner kannte Olga aus der Berliner Jugendgruppe der KP und zeichnete sie berührend mit Herzenswärme.

Das Buch war in der DDR Lesestoff in den Schulen.

Mit dem Leben in den Anfangsjahren der DDR beschäftigt sich das 1965 herausgegebene Buch „Über 100 Berge“ (4. Auflage 1977)

Der Roman erfasst ein Frauenschicksal der Kriegs- und Nachkriegsgeneration eindringlich und lesenswert.

Urte muss ihre große Enttäuschung nach dem Zusammenbruch des Faschismus allmählich überwinden, Schwierigkeiten beseitigen helfen, also über 100 Berge gehen, um ihren Platz im neuen Leben zu finden und zu gestalten. Dabei sind viele junge Menschen beteiligt.

1968 erschien im Verlag Neues Leben ( 5. Auflage 1986) mit Illustrationen von Horst Bartsch die Erzählung „In der Klinik“.

Dazu hat Ruth Werner in der Klinik für Herzchirurgie Bad Düben einfühlsam recherchiert. Wir begleiten eine junge Lehrerin während ihres Aufenthalts wegen ihrer Herzoperation in der Klinik. Neben anderen Patienten lernen wir ein schwerkrankes Kind, das nicht überlebt, kennen, aber auch die genesende junge Mutter, die dank ärztlicher Kunst und mitmenschlicher Wärme entlassen werden kann und Mitpatienten Lebensmut spendet.

„Kleine Fische – große Fische“ dieser Roman wurde im Verlag Neues Leben 1972 herausgebracht (3. Auflage 1977). Unser Exemplar ist versehen mit einer handschriftlichen Widmung für den Direktor des Betriebes, in dem Ruth Wemer hospitierte, um Gefrierapparate für die Fischfangschiffe beschreiben zu können. Aber es geht um die dort arbeitenden Menschen und die Probleme des Werkdirektors, auch um die Rolle der Frau. Eine spannende Lektüre.

Weitere 3 Erzählungen in einem Bändchen

1. „Der Gong des Porzellanhändlers“ mit Illustrationen von Wolfgang Würfel erschien 1976 im Verlag Neues Leben, 1997 im Spotless-Verlag (nur 1. Erzählung)

In der von Japan besetzten Mandschurei erlebt die Kundschafterin der Roten Armee also Ruth Wemer mit ihrem Führungsoffizier Land, Leute, Gebräuche, Partisanenkampf, Probleme. Auch ist es eine Liebesgeschichte mit vielen Konflikten. Eine sehr poetische schöne novellenartige Erzählung, sprachlich überzeugend, eindringlich, eine Ich-Erzählung mit heißem Herzen.

2. „Die Acht rückwärts“

Auch eine Ich-Erzählung, dieses Mal aus Polen. Es geht um zunehmende schleichende Faschisierung in der Freien Reichsstadt Danzig mit einer vom Völkerbund kontrollierten Verfassung. Als Beispiel gilt die Fahrprüfung im Auto, im Vergleich zu der Übung in China ist hier sichtbare Schikane: nicht bestanden. Der Abschlusssatz lautet: „Was weiß er vom Bestehen!“

3. „Muhme Mehle“ 

(im Spotless-Verlag 2000 als Einzelerzählung)

Die Kinderfrau in der Schweiz bringt die Kundschafterin in große Gefahr. Ihre übertriebene Liebe zu dem kleinen Mädchen und ihre Redseligkeit lassen nur die Entscheidung zu, sich von ihr zu trennen. Das ist eine bewegende Geschichte, dramatisch und ergreifend.

„Damals bei Ihr zu Haus“, (1985) 

In dieser Kurzgeschichte veröffentlicht im Kinderbuchverlag in der Broschüre „Carwitzer Notizen“, wird Ruth Werners Beziehung zu Carwitz am Beispiel einer Geburtstagsfeier für den längst nicht mehr lebenden Fallada auf dem Gehöft von Suse, Falladas Frau Anna Ditzen, sehr persönlich vorgestellt.

„Kurgespräche“ 1988 – ihr letztes in der DDR im Verlag Neues Leben veröffentlichtes Buch.

Humorvoll und nachdenklich stimmend werden zwei alte Kurteilnehmer unterschiedlichen Charakters und mit verschiedenen Lebenserfahrungen geschildert, die letztlich zu Freunden werden.

1980 erschienen im Verlag Neues Leben „Gedanken auf dem Fahrrad“ Publizistik aus zwei Jahrzehnten. Ehrlich und unverfälscht werden kleinere und große Ereignisse widergespiegelt. So sind auch zwei der drei Werbetexte aus der Zeit bei der Kammer für Außenhandel abgedruckt.

Außerdem z.B. „Mein Freund Todor“ anlässlich des 13. Jahrestages der Befreiung Bulgariens vom Faschismus, eine warmherzige Begegnung.

„Bücher für den Gabentisch“ (1963) ausgewählt für Familienmitglieder.

Die Titelgeschichte (1966) bezieht sich auf Lebenssituationen der Publizistin, und es geht um eine Solidaritätsaktion der Schriftsteller der DDR durch den Kauf von 1000 Fahrrädern für Vietnam.

„Die drei Leben“, eine literarische Reportage (1967) aus dem Chemiefaserkombinat Guben, die leider im Rundfunk nicht gesendet wurde.

Aussagen zur Diskussion auf Tagungen des Schriftstellerverbandes von 1969, 1963 und 1978.

„Eine Schale voller Wunder“ (1976) – eine liebenswerte Darstellung, ein Porträt Nataschas, einer 73-jährigen Majorin der Roten Armee, später Oberstleutnant, die an der Front deutsche Soldaten per Lautsprecher zum Überlaufen auffordert, verbunden mit authentischen Tagebuchaufzeichnungen.

Besonders interessant sind natürlich Porträts wie „Mein Bruder Jürgen“ 1979, „Erinnerungen an Richard Sorge“ 1979.

Ein Buch über viele Alltage, ihre Freuden und Probleme.

Weitere Porträts als besondere Form literarisch-journalistischer Gestaltung sind sehr eindrucksvoll, z.B. Greta Kuckhoff „Die erste Stunde“ Herausgeber Fritz Selbmann, Verlag Neues Leben 1969

„Porträt eines eigenwilligen Genossen“, „Zeitgenossen“ (Willi Kling) DDR-Schriftsteller erzählen, Verlag Neues Leben 1980

Zur Publizistik Ruth Werners gehören auch Artikel , die zum Beispiel in der „Weltbühne“ veröffentlicht wurden.

Beachtlich ist vor allem ihr „Brief an die Weltbühne“ (24. Okt. 1989), in dem sie schreibt: „unsere Entwicklung stagniert nicht nur, nein, wir gehen zurück.“ „Als Kommunist litt ich unter dem Gedanken, wie asozialitisch, unmoralisch und bedenklich es war, dem Volk in der Presse etwas vorzumachen.“ 

Aber es gab zunächst auch andere Themen. z.B. „Peter Schreier und ich“ (Nr. 11/84), „Brief an T.C.“ (Tom Crepon) Nr 52/83), „Falkland – Perspektiven“ (Nov. 42/83), „Sein letzter Besuch“ zu Sandor Rado (35/81)

Ruth Werner mischte sich ein, nicht nur in Fragen der Literatur.

Im ND-Archiv liegt vom 6.9.1958 S.7 Kultur des ND eine Erzählung mit dem Titel: „Standhaft. Nach einer Begebenheit aus dem antifaschistischen Widerstandskampf“ von Ursula Beurton.

Im ND (Neues Deutschland, Tageszeitung) waren mehrere interessante Artikel von ihr zu lesen z.B. zum 30. Jahrestag der DDR:

  • „Der Anfang“ (10/11. März 1979)
  • „Kundschafter – ohne Anführungszeichen“ (Kolumne 22/23. Juni 1991)

In der Wochenpost erschienen Beiträge z.B.:

  • „Heute kommen die Kinder, – morgen werden die Eltern kommen.“ Ruth Werner erzählt von ihrer Freundin aus Uruguay  15/1984)
  • „Wiedersehen mit Peking“ – China sehr persönlich 1 (7/1989)
  • „Uberraschung in Shanghai“ – China sehr persönlich 2 (8/1989}

Auch im „Sonntag“ kam Ruth Werner zu Wort:

  • „Zum Tag der Opfer des Faschismus“ (66 vom 11.9.1977)

Autobiografie

„Sonjas Rapport“ ist Ruth Werners bekanntestes Buch, auch international. Es wurde in der DDR nach vielen Auseinandersetzungen erst durch Entscheidung Erich Honeckers 1977 im Verlag Neues Leben mit Fotos herausgebracht. 2006 wurde die vollständige Ausgabe in Deutsch veröffentlicht.

Zur Vorgeschichte hat Bernd Reiner Barth unter dem Titel „Vom Geheimmanuskript zum zensierten Bestseller“ in der Studienbibliothek Info Nr. 57 Dezember 2019 S.5 bis 15 (Bulletin der Stiftung Studienbibliothek zur Geschichte der Arbeiterbewegung) seine umfangreichen Recherchen publik gemacht.

Veröffentlichungen

Uns liegen vor:
Ein überarbeitetes maschinegeschriebenes Manuskript von 1976 mit handschriftlichen Korrekturen Ruth Werners.

1980 Eine russische Ausgabe
1984 Eine bulgarische Ausgabe
1999 Eine chinesische Ausgabe
1991 Eine englische Ausgabe

Mehrere deutsche Ausgaben der Erstauflage 1977 sowie Nachauflagen.

Eine Ausgabe der vollständigen Veröffentlichung 2006.

Im Nachlass-Findbuch gibt es den Hinweis auf eine ungarische und eine tschechische Ausgabe 1978.

Zu den Ausgaben

Das Buch „Sonjas Rapport“ ist Lebensbegleiter vieler Menschen in der DDR gewesen, wie uns Besucher in der Ausstellung im Carwitzer Scheunenladen bestätigten, was auch im Gästebuch nachzulesen ist. Die Kundschafterin wurde bewundert, aber auch angefeindet. Unverständnis gab es bei einigen besonders für ihre Mutterschaft unter lebensbedrohlichen Umständen.

Ihr Bruder Jürgen Kuczynski hat in der Zeitschrift VA Nr. 11/78 14/15 das Werk gewürdigt und die Gliederung des Rapports angegeben, wie sie im Buch steht; in 6 Teilen.

Jedoch ist 1977 im 6. Teil noch nichts von der Verbindung zum „Atomspion“ Klaus Fuchs ausgesagt, obwohl die Kundschafter Richard Sorge und Sándor Radó, mit denen Ruth Werner zusammenarbeitete, dargestellt wurden. Die Beziehung zu Fuchs musste damals noch geheim gehalten werden. Die jüngste Schwester Ruth Werners, Renate Simpson, die den Rapport ins Englische übersetzte, nutzte bereits 1991 die vollständige Fassung für die Veröffentlichung.

Die vollständige deutsche Ausgabe wurde erst 2006 publiziert.

Eberhard Panitz hat in seinem Buch „Treffpunkt Banbury oder wie die Atombombe zu den Russen kam“ Das Neue Berlin, Berlin 2003, ausführlich über diese Episoden geschrieben.

Zum Inhalt vom „Rapport“:

Der Schutzumschlag der Erstausgabe fasst zusammen: „Wir verfolgen das Leben einer Kundschafterin, einer Frau, die zwanzig Jahre lang als illegale Kommunistin von Land zu Land zieht. Ihr Haus in Shanghai ist Treffpunkt von Dr. Richard Sorge und den chinesischen Genossen. Sie ist Funkerin in China, in Polen, in der Schweiz, sie organisiert Kundschaftergruppen. Eine Frau erinnert sich an Liebe, Verrat, an die Sorge um die Kinder während ihrer Arbeit. Authentische Dokumente sind Briefe der Autorin an ihre Familie. In diesem aufrichtigen Buch wird die Gefahr zum Alltag, der Mut selbstverständlich. Nicht selbstverständlich sind Lebenslust und Humor in dieser schweren Zeit.“ 

Zur Wirkung und Wertung:

Hermann Kant äußerte zum Werk „Doch keine Spur von Roman in „Sonjas Rapport“. Ein Stück Literatur, dass ohne Erfindung auskommt – etwas scheinbar Unmögliches. Ein aufreibend stocknüchterner Bericht, eine Lebensübersicht von enervierender Zurückhaltung. Eine Rekonstruktion aus rekonstruierten Zetteln … Prosa, die vom geheimsten und gefährlichsten Diensten spricht und zuweilen klingt wie Hausfrauennotiz, Ansichtskartentext und Kindermundharmonie … Das Herzbeben, das zu dieser Kunde von der Kundschafterin Sonja gehört, hat der Leser hinzuzugeben. Und dass Ruth Werner ihn dazu bewegt, halte ich für ein wirkliches Kunst-Stück.“  So im „Sonntag“ (Wochenzeitung des Kulturbundes der DDR für Kultur, Politik, Kunst und Unterhaltung) 1/78

Und Helmut Sakowski in „Das Wagnis des Schreibens. Aufsätze, Reden, Reportagen, Briefe und Interviews.“ Verlag Neues Leben, Berlin/DDR 1983. „Und wenn gar der Autor das eigene Ich in Übereinstimmung bringen kann mit der Gesellschaft, wenn er sich einordnen kann in die Gemeinschaft Vieler, dann können beispielsweise Autobiografien entstehen, wie die von Ruth Werner, die durchaus das Format von Heldengeschichten haben.“

„Der in der DDR zunehmend als Heldenkult ritualisierte Antifaschismus erhielt mit „Sonjas Rapport“ ein sehr menschliches Gesicht. Ohne Schminke, ohne Falschheit.“ Das stellte Burga Kalinowski 2000 in Berliner Lesezeichen 08109/00 fest und weiter „Das Buch war ein Bestseller, im Erscheinungsjahr mit einer Auflage von 38.000 Exemplaren, die sehr schnell vergriffen waren. Über die Jahre wurden es insgesamt über 300.000.“

Auch viele Leser nahmen ausführlich Stellung zum Buch, die allermeisten bewundernd, erfreut, begeistert. Einige auch aus dem Ausland.

Übrigens begann 1973 die Arbeit an einem Film zum Buch. 1981 fand die Premiere statt. Er genügte jedoch nicht den hochgesteckten Erwartungen. Ruth Werner hat den Film nicht akzeptiert.

Ruth Werner hat ihren Buch-Text mehrfach überarbeitet. In Manuskript von 1976 hat sie auch Streichungen, Einfügungen, Ergänzungen, Präzisierungen vorgenommen. Die Korrekturen bezogen sich auf Sachverhalte, stilistische Gestaltung, Anschaulichkeit und Wahrheit. Sie zeugen von gewissenhafter Arbeit, wie sie im Motto des Buches 1977 versprochen wurde.

Öffentlichkeitsarbeit

Ruth Werner war häufig, besonders zum 1. Mai, auf Basaren anzutreffen, wo sie am Stand z.B. des ND ihre Bücher signierte. Der Andrang war groß. Auch hat sie oft Einladungen zu Buchlesungen oder Aussprachen von Frauen, von Schulen, von Betrieben und Einrichtungen erhalten, die sie erfreuten, aber die sie gar nicht alle wahrnehmen konnte. Das Echo war nachhaltig.

Ruth Werner erhielt sehr viele dankbare, auch kritische Leserbriefe, die für sie bedeutsam waren. Auf eine Vielzahl hat sie direkt geantwortet mit Ratschlägen fürs Leben.

Sie suchte das Gespräch mit Menschen verschiedenster Art, auch mit Schriftstellerkollegen, deren Bücher sie rezensierte. Und sie gab Einblicke in ihre Schreibwerkstatt, z.B. in „Ein Buch entsteht“ (Gedanken auf dem Fahrrad)

Es passt zu ihr und ihrem ganzen Leben, was sie anlässlich ihres 80. Geburtstages auf Fragen antwortete: Welche Eigenschaften schätzen Sie besonders? „Ehrlichkeit, Stehvermögen, Sich offenhalten für alles Neue“.

Und wenn Sie drei Wünsche offen hätten? „Frieden, Frieden, Frieden“ (BZA l5.Mai 1987)

Abspann

Ruth Werner blickt zurück: „1956 gab ich die feste Arbeit auf, um mein erstes Buch zu schreiben. Seitdem habe ich ununterbrochen literarisch gearbeitet. Es ist großartig, noch im Alter einen Beruf zu haben, der so viel fordert. Vielleicht trägt die Freude daran, mit dazu bei, dass ich nicht von der Vergangenheit zehre, sondern intensiv mit dem Heute beschäftigt bin. Doch ganz kann man sich nicht von dieser Vergangenheit lösen.“ „Sonjas Rapport“ Seite 327